Erfahrungsbericht als Lernpate in einer 9. Klasse
Nach den Sommerferien 2018/19 ging es in der 9. Klasse (fast) wie gewohnt weiter, nur dass es diesmal keine Mathematik- Doppelstunde mehr am Freitagmorgen gab, sondern nur noch Einzelstunden.
So war ich weiterhin am Freitag in der Schule: erst am Vormittag in der Klasse zu einer Stunde im GR-Kurs Mathematik, zuvor meist noch in einer Stunde Ethik oder Geschichte.
Im normalen Unterricht des GR-Kurses Mathematik lief es nach dem bewährten Muster: meistens war ich mit einer kleinen Übungsgruppe von 3 – 5 freiwilligen Schülerinnen und Schülern im Nebenraum, um mit ihnen die täglichen Übungen oder im 2. Halbjahr BBR- Aufgaben ausführlich zu rechnen, die mit vom Mathematiklehrer einen Tag vorher zugeschickt wurden.
Danach ging es ab der 7. Stunde weiter mit der Mathematik-AG. Das 1. Halbjahr verlief normal „mühsam“, bis nach den Weihnachtsferien die BBR- Probearbeiten in Deutsch und Mathe geschrieben wurden. Vorher gab es im Unterricht kaum besondere Übungen dazu (es war auch kaum Zeit nach den Ferien) und die Jugendlichen hatten nach über sechs Wochen Lernpause (drei Wochen Praktikum, eine Woche Projektunterricht, zwei Wochen Ferien) fast alles vergessen… Da war die „Halbwertzeit“ des Schulwissens offensichtlich weit überschritten.
Ich selbst war ziemlich „erschüttert“ und hielt sogar eine kleine Ansprache vor der Klasse, in der ich sie zu mehr Leistungsbereitschaft ermunterte. Außerdem hatte ich die Idee in den Osterferien kurz vor dem BBR einen Ferienkurs anzubieten (um die „Halbwertzeit“ zu unterbieten).
Im 2. Halbjahr begann dann im Unterricht auch die intensive Vorbereitung auf die BBR-Arbeit, indem im Unterricht und den Wiederholungen alte BBR-Aufgaben über alle Themenbereiche genutzt wurden (Daten, Flächen Körper), z. B. die Prozentrechnung mit einer Dreisatztabelle, bei der vom Grundwert (=100%) zunächst 1% durch Division des Grundwertes mit 100 ermittelt und dieser Einheitswert dann mit der gegebenen Prozentzahl mal genommen wird, um den gesuchten Prozentwert zu bekommen. Das Schema hatten die meisten noch verstanden, aber bei einer Textaufgabe die entsprechenden Werte herausfinden, war nochmal die nächste Hürde.
Ein weiteres Beispiel war die Berechnung des Volumens eines Zylinders. Die Formel: Grundfläche x Höhe war halbwegs einsichtig, aber was ist bei der Kreisfläche = Π x r² der Radius, wenn der Durchmesser gegeben ist? Welche Maßeinheit hat nun das Ergebnis, evtl. cm²? NEIN, es ist doch ein dreidimensionales Volumen, also cm³ (oder Kubikzentimeter)! Eine Fläche wie z. B. der Schultisch ist dagegen nur zweidimensional, also cm².
Schwierig war für die Jugendlichen auch weiterhin das Umrechnen von Maßeinheiten: z. B. cm in Meter oder mm, cm³ in Liter oder m³. Wie war das nun mit dem Dezimeter? Also, 10 cm = 1 dm. Nimmt man einen Würfel von 1 dm Kantenlänge, hat dieser ein Volumen von 1dm x 1 dm x 1 dm = 1 dm³ oder 1.000 cm³ oder 1 Liter (z .B. in einer Seltersflasche).
Wenn nun noch das Gewicht eines großen Wassertanks auszurechnen ist, muss man wissen, dass 1 Liter 1 kg wiegt, um die Aufgabe zu lösen.
Ob man dieses alles „zum Leben“ braucht, ist eine andere Frage, aber für den BBR ist es „überlebenswichtig“.
Meine Mathematik-AG bestand noch aus fünf Teilnehmenden, das war eine gute Gruppengröße, um die um die Widerholungsaufgaben zu rechnen.
Das BBR- Ergebnis fiel dann erfreulicherweise deutlich besser als bei der Probe aus:
Einen versöhnlichen Abschluss für mich gab es dann noch am Zeugnistag, zu dem mich die Klassenleitungen in die Klasse eingeladen hatten. Wir frühstückten zusammen und einige Schülerinnen hatten einen Dankesbrief für meine Unterstützung in Mathematik geschrieben. Ihre Formulierung: „Sie haben uns viel beigebracht, auch wenn wir es an einem schlechten Tag nicht wollten“, beschreibt die Situation treffend.
Die gute und vertrauensvolle Zusammenarbeit mit den beiden Klassenleitungen war immer sehr hilfreich für mich, dafür nochmals vielen Dank an die beiden. Auch der Erfahrungsaustausch mit den anderen Lernpaten war wieder belebend und hat mir neue Impulse gegeben.
J. Jahn
seit sechs Jahren Lernpate an der HvH im Rahmen des VBKI-Programms